Die Palästinenserfreunde in aller Welt ignorieren bei ihren Solidaritätsbekundungen beharrlich die historischen Fakten. Auch die vielen Deutschen, die mit der BDS-Bewegung sympathisieren, blenden die leidvolle Geschichte Israels, die vielen dem Land von den Arabern aufgezwungenen Kriege, gerne aus.
Der Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN des Deutschen Bundestags „Der BDS-Bewegung entschlossen entgegentreten – Antisemitismus bekämpfen“ hat auch in Deutschland viel Kritik hervorgerufen. An den kritischen Stellungnahmen fällt auf, dass sie die Genesis des Konflikts zwischen Israel und den Palästinensern, die vielen Kriege, die Israel von den Arabern aufgezwungen wurden, und die bis heute prekäre Sicherheitslage des Landes völlig ausblenden. Es wird auch kein Gedanke daran verschwendet, ob nicht die Palästinenser selbst daran schuld sind, dass sie bis heute keinen eigenen Staat erreichen konnten.
Ein Blick in die Geschichte Palästinas könnte zeigen, dass die Palästinenser ihre heutige missliche Lage selbst herbeigeführt haben. Seit dem 12. Jahrhundert vor Christus sind im heutigen Palästina jüdische Siedlungen nachweisbar (Kanaan). Juden teilten sich das Land – weitgehend friedlich – mit anderen Völkern und Religionsgemeinschaften. In den Jahrhunderten danach wurden die Juden immer wieder unterjocht: von den Babyloniern, den Persern, Alexander dem Großen und zuletzt von den Römern. Deren Kaiser Hadrian schuf den heutigen Begriff „Palästina“, um die Erinnerung an die judäischen Bewohner zu tilgen, die es gewagt hatten, einen Aufstand gegen die Römer vom Zaun zu brechen. Die Zerstörung des jüdischen Tempels in Jerusalem im Jahre 70 nach Christus war Ausdruck der Feindseligkeit der römischen Besatzungsmacht gegen die Juden. In diesem Jahr begannen große Teile des jüdischen Volkes in alle Welt auszuwandern (Diaspora). Viele blieben jedoch zurück und lebten bis ins 20. Jahrhundert hinein in ihren angestammten Siedlungsgebieten. Die zionistische Bewegung von Theodor Herzl führte dann zur Einwanderung von Juden aus aller Welt ins Heilige Land. Vor allem die Überlebenden des Holocaust sollten in Palästina eine sichere Heimat finden. Nach dem 1. Weltkrieg wurde Palästina zum britischen Mandatsgebiet. Der britische Außenminister Lord Balfour stellte in der nach ihm benannten Deklaration einen jüdischen Staat in Aussicht: „[Die] Gründung einer nationalen Heimstätte für das jüdische Volk in Palästina“. Es sollte aber noch bis nach dem 2. Weltkrieg dauern, bis die Staatsgründung Israels auf der Tagesordnung stand. Am 29. 11. 1947 beschloss die Generalversammlung der Vereinten Nationen mit Zweidrittelmehrheit den UN-Teilungsplan für Palästina und die Gründung eines jüdischen und eines arabischen Staates. Schon einen Tag später begannen arabische Freischärler, jüdische Siedlungen zu überfallen und deren Bewohner zu töten. Das ist der Sündenfall der Palästinenser, aus dem sich alles Weitere ableiten lässt. Am 14. 05. 1948 wurde Israel gegründet. Noch in der Gründungsnacht erklärten Ägypten, Saudi-Arabien, Transjordanien, (das heutige Westjordanland), der Libanon, der Irak und Syrien dem neuen Staat den Krieg. Es folgte der 1. Israelischen Unabhängigkeitskrieg, dem noch weitere folgen sollten. Das den Arabern von den UN zugewiesene Staatsgebiet war größer als das Gebiet, in dem die Palästinenser heute leben. Ein ähnlich großes Gebiet werden sie, falls sie wirklich einen Staat gründen können, nie mehr erreichen. Durch ihre Weigerung, den UN-Teilungsbeschluss anzuerkennen, und durch die Kriege, die sie bis heute gegen Israel führen, haben die Palästinenser alle Chancen verspielt, die sie anfänglich reichlich hatten. Israel ist deshalb nicht nur völkerrechtlich, sondern auch moralisch im Recht. Die Unterstützer der Palästinenser, die Israel der Verletzung von Menschenrechten zeihen, sollten folgendes bedenken: Einem Land das Existenzrecht zu verweigern, wie das die Palästinenser bis heute mit Israel tun, und mit der Auslöschung des Staates und seiner Bewohner zu drohen, ist die schlimmste Menschenrechtsverletzung, die denkbar ist. Ein Vergleich kann das Problem verdeutlichen. Was wäre, wenn den Niederlanden von allen sie umgebenden Staaten das Existenzrecht aberkannt würde, wenn seine Bewohner täglich mit Raketen beschossen würden? Würde sich die Welt nicht darüber empören? Bei Israel ist es umgekehrt: Die Welt (und leider auch viele Deutsche) empören sich darüber, dass Israel sich gegen solche Angriffe mit den ihm zu Gebote stehenden Mitteln wehrt. Zum Glück ist es so wehrhaft, dass die Palästinenser und die mit ihnen verbündeten arabischen Staaten keine Chance haben, seine Existenz jemals zu gefährden. Wenn die Palästinenser realistisch denken, bleibt ihnen deshalb nur eine Möglichkeit: Sie müssen mit den reichlich fließenden Hilfsgeldern der EU und arabischer Staaten dort, wo sie das Sagen haben, „blühende Landschaften“ schaffen, um ihr Volk endlich aus dem sozialen Elend zu führen. Stattdessen geben sie das Geld lieber für Waffen aus. Das ist auch der Grund, weshalb Israel und Ägypten immer wieder die Zugänge zu Gaza sperren, was dann lauthals als Menschenrechtsverletzung beklagt wird.
Die Palästinenser konservieren ihren Status als Flüchtlinge bis in alle Ewigkeit. Selbst in Staaten wie Libanon und Jordanien, wo sie schon seit 70 Jahren leben, nehmen sie nicht die dortige Staatsangehörigkeit an, was ihnen hülfe, sich besser in diese Länder zu integrieren. Sie vererben lieber ihren Flüchtlingsstatus und gaukeln ihren Kindern und Enkelkindern die Illusion vor, sie könnten jemals wieder nach Israel zurückkehren. Was hätte die Welt gesagt, wenn in Deutschland die Heimatvertriebenen, die nach dem 2. Weltkrieg aus den besetzten Gebieten im Osten in die westlichen Landesteile geflohen waren, sich in Bayern niedergelassen hätten, wenn sie sich bis in die dritte Generation als Schlesier, Pommern und Ostpreußen definiert und von der Rückkehr in ihre angestammte Heimat phantasiert hätten, wenn sie sogar bewaffnete Verbände aufgestellt hätten? Die Staatengemeinschaft hätte sie zurecht für verrückt erklärt. Polen und Russland hätten Vorkehrungen getroffen, um diese revisionistischen Gelüste im Keim zu ersticken. Im Palästina-Konflikt gibt es hingegen „wohlmeinende“ Menschen (auch Deutsche), die den Palästinensern die Revision der geschichtlichen Tatsachen und der völkerrechtlich gültigen Beschlüsse zubilligen. Wenn zwei dasselbe tun, ist es anscheinend doch nicht dasselbe. Es gibt übrigens auch Palästinenser, die die Hamas und die PLO auffordern, zuerst gegenüber ihrem eigenen Volk die Menschenrechte einzuhalten, bevor sie diese lauthals von der „israelischen Besatzung“ einklagen. Leider sitzen diese Palästinenser im Gefängnis oder mussten nach Europa fliehen. Sie wären die besseren Kronzeugen zur Menschenrechtsproblematik als die BDS-Aktivisten, denen es letztlich nur um die Schwächung des Staates Israel geht.
Ich habe mich immer gefragt, warum sich so viele Deutsche an der BDS-Kampagne beteiligen. Ich kann darüber nur mutmaßen und muss mich auf das beziehen, was Psychologen zu dieser Problematik geschrieben haben. Sie äußern den Verdacht, dass die heutigen Deutschen die Schuld ihrer Großväter, die in die Verbrechen der Nationalsozialisten verstrickt waren, dadurch verkleinern wollen, dass sie den heutigen Juden (Israelis) auch „Verbrechen“ nachweisen. Deshalb lautet eine beliebte Denkfigur: „Seht her, die Juden agieren so, wie es früher die Nazis getan haben“. Laut einer Umfrage der Friedrich-Ebert-Stiftung der SPD von 2016 befürworten 24 Prozent der Befragten die Aussage „[w]as der Staat Israel heute mit den Palästinensern macht, ist im Prinzip auch nichts anderes als das, was die Nazis im Dritten Reich mit den Juden gemacht haben.“ Der frühere Außenminister Sigmar Gabriel bezeichnete die israelische Verwaltung des Westjordanlandes als „Apartheid-Regime“.
Auch die radikale deutsche Linke hat eine lange Tradition des Antisemitismus. In der DDR war er unter dem Tarnbegriff „Antizionismus“ Staatsdoktrin. Die „antiautoritäre Linke“ in der BRD hat Israel schon früh als Feindbild entdeckt. Am 9. November 1969, dem bewusst gewählten Jahrestag der Novemberprogrome 1938, platzierte Albert Fichter, Mitglied der linksradikalen „Tupamaros Berlin“, eine Bombe mit einem Zeitzünder im Jüdischen Gemeindehaus Berlin. Sie sollte während einer Gedenkveranstaltung zu den Novemberpogromen explodieren, was wegen einer überalterten Zündkapsel nicht geschah. Das prominente Mitglied dieser Terrorgruppe Dieter Kunzelmann hatte das Motto für diesen Terrorakt ausgegeben: Man müsse sich endlich vom „Juden-Knacks“ befreien. Damit meinte er, dass es nicht länger angebracht sei, sich wegen der deutschen Verbrechen an den Juden Zurückhaltung aufzuerlegen, wenn es gelte, Israel zu kritisieren. Dass er dabei auch die in Deutschland lebenden Juden in Mithaftung nahm, die für die Politik des Staates Israel nicht verantwortlich sind, unterstreicht den antisemitischen Charakter seiner aggressiven Phantasien. Er sollte recht behalten: In der Folge haben sich immer weniger Deutsche Zurückhaltung auferlegt; Israel-Kritik ist mit den Jahren wohlfeil geworden. Weit verbreitet ist die Meinung, dass „gerade wir als Deutsche”, die aus der Geschichte gelernt haben, dazu befugt seien, für eine gerechte Lösung der Nahostfrage im Interesse des unterdrückten palästinensischen Volkes zu sorgen. Der im Dezember 2018 verstorbene Sozialwissenschaftler Wolfgang Pohrt schrieb mit psychologischem Gespür, die Deutschen als ehemalige Täter fühlten sie sich verpflichtet, „Israel mit Lob und Tadel als Bewährungshelfer moralisch beizustehen, damit das Opfer nicht rückfällig werde“. Drei Politiker der Linken beteiligten sich im Sommer 2010 sogar an Kampfhandlungen, indem sie auf dem Schiff „Mavi Marmara“ anheuerten, mit dem eine islamistische Gruppe aus der Türkei die israelische See-Blockade vor Gaza zu durchbrechen versuchte. Es war das erste Mal, dass sich Deutsche an Kriegshandlungen gegen Israel beteiligten.
Vielleicht hat der jüdische Arzt Zvi Rix mit seinem bissigen Bonmot doch recht: „Auschwitz werden uns die Deutschen niemals verzeihen!“
Zum Thema „Schuldabwehr durch Antisemitismus“ gibt es einen guten Artikel des „Peace Research Institute Frankfurt“: